Der Ambulante Betreuungsdienst des gemeinnützigen Vereins Lebendige Inklusion e.V.
1. Darstellung des Anbieters und seiner Organisationsstruktur
Die Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Niederlangenberg wurde Anfang 2013 gegründet mit der Zwecksetzung, den gesellschaftlichen Wunsch nach Inklusion und Selbstbestimmung von „geistig“ und körperlich behinderten Menschen in einem ländlichen Wohnprojekt so umfassend wie möglich umzusetzen.
Im August 2013 konnte das Gründerteam den Bauernhof Niederlangenberg 3 in Hückeswagen erwerben. Am 3.6.2015 hat der gemeinnützige Verein „Lebendige Inklusion e.V.“, der 2014 als gemeinnütziger Projektträger und künftiger Anbieter von Betreuungsleistungen gegründet wurde, den Hof gekauft.
Im Juli 2017 hat der Verein 40 Mitglieder. Darunter auch Eltern von Kindern mit Behinderungen, die in Selbstorganisation ein künftiges Lebensumfeld für ihre Kinder schaffen wollen.
Es existiert ein Bestandshaus, welches mit viel Engagement und Eigenleistung als Wohnhaus für die Gemeinschaft nutzbar gemacht wurde. Durch den Ausbau einer Scheune im Winter 2017 ist des Weiteren ein attraktives Wohnangebot für 7 Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen entstanden.
So besteht die Gemeinschaft heute aus einigen Gründungsmitgliedern und 6 jungen Erwachsenen mit „geistiger“ und körperlicher Behinderung, deren Betreuung wir über unseren eigenen Ambulanten Betreuungsdienst gewährleisten. Hinzu kommen noch die MitarbeiterInnen aus der Umgebung sowie feste ehrenamtlich HelferInnen, Eltern und Wwoofer, die ebenfalls mit zu unserer „Großfamilie“ gehören.
Das Wohnangebot bietet eine Alternative zum Leben in einem stationären Wohnheim. Insgesamt sollen auf dem Hof später maximal 12 Menschen in zwei Gebäuden in Gemeinschaft wohnen und arbeiten.
Die Hofgemeinschaft bietet für Menschen mit „geistigen“ Behinderungen eine echte Chance, so selbstbestimmt wie eben möglich auf dem Lande zu leben. Der Gemeinschaftsgedanke ist ein wichtiger Teil des pädagogisch-therapeutischen Konzeptes: In einer überschaubaren Gemeinschaft von Menschen mit und ohne Behinderungen, die in echter Wohngemeinschaft zusammen wohnen und sich gegenseitig unterstützen, wird ein erfüllendes und sinnvolles Zusammenleben geschaffen (s. Leitbild).
Dieses Konzept ist zukunftsweisend und wird von verschiedenen Initiativen zur Verbesserung der Gleichstellung behinderter Menschen gefördert. Seit Sommer 2013-2014 wurde das Projekt im Auftrag des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW im Rahmen des Förderprogramms „Experimenteller Wohnungsbau“ unterstützt. Dadurch arbeiteten wir mit einer Projektentwicklerin zusammen, die uns über das Förderprogramm hinaus bis zum Sommer 2018 professionell durch die schwierige Startphase begleitet hat.
2. Leitbild
Alle Vereinsmitglieder verbindet die große Liebe zur Natur und das Gefühl der Verbundenheit mit allen Lebewesen. Daraus resultiert ein bewusster Umgang mit Energie und Verbrauchsgütern. Wir möchten pflegen, reparieren, erhalten, recyceln und versuchen uns selbst so zu versorgen, dass unsere Umwelt so wenig wie möglich belastet wird – z.B. betreibt der Hof eine Schilfkläranlage, eine Solaranlage und heizt mit einer Pelletheizung und Holz.
Das Wohnen in einer inklusiven Wohn-und Lebensgemeinschaft auf dem Land ist ein legitimer Wunsch und Bedürfnis mancher Menschen, unabhängig von einer Behinderung. Zufriedenheit und Wohlbefinden sind abhängig von der Qualität der realen Wohnbedingungen und der Möglichkeit weitgehend eigenständig und selbstbestimmt zu leben. Das bedeutet, gleichzeitig nicht alleine, sondern in Gemeinschaft dort zu leben, wo man sich wohlfühlt.
Echte Gemeinschaft beinhaltet ein Geben und Nehmen aller Gemeinschaftsmitglieder. Niemand gibt nur und niemand nimmt nur. Eine solche Gemeinschaft entsteht nicht von selbst und automatisch, sondern sie setzt einen bewussten Willen und einen lebendigen Prozess der Erarbeitung voraus. Grundlage ist dabei sich selbst reflektieren zu können und die eigenen Interessen mit denen der Gemeinschaft in Einklang bringen zu wollen. Die Gemeinschaft, so wie sie heute ist, ist aus vielen intensiven, manchmal auch schmerzhaften, Lern- und Arbeitsprozessen über die Jahre entstanden.
Dazu nutzen wir immer wieder die von verschiedenen Gemeinschaftsbewegungen erprobten Hilfsmittel der Gewaltfreien Kommunikation nach M. Rosenberg, Werkzeuge der Gemeinschaftsbildung nach S. Peck als auch regelmäßige Supervisionen, um die Gemeinschaft aufzubauen und zu stärken. Wir sind überzeugt, das Leben in Gemeinschaft entspricht dem Wesen der Menschen.
Die Gemeinschafts- und Vereinsmitglieder halten diese Lebensform für die denkbar persönlichste und gleichzeitig professionellste bedarfsentsprechende Wohnform für viele Menschen mit „geistigen“ Behinderungen.
Der gemeinnützige Verein Lebendige Inklusion e.V. unterstützt und fördert deshalb die Bildung solcher inklusiven Wohn- und Lebensgemeinschaften auf dem Land.
Uns ist eine Öffnung des Lebens- und Arbeitsumfeldes in den Sozialraum und das Gemeinwesen wichtig. Um ein barrierefreies Lebensumfeld schaffen zu können, ist eine Vernetzung mit allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens unumgänglich.
Ein inklusiver Sozialraum ermöglicht die selbstbestimmte Teilhabe und Teilnahme aller Menschen mit Hilfebedarf an Angeboten in den Bereichen Bildung, Sport, Kultur, Konsum etc. Diesen Netzwerken kommt eine unterstützende, emotional haltgebende, sozial kommunikative, und entwicklungsfördernde Funktion zu.
Zum Konzept des Vereins gehört es, diese Netzwerke zu pflegen, zu optimieren und auszubauen durch Kontaktpflege via E-mail, Newsletter, Feste, Vereinsversammlungen, Organisation von Ausflügen und Arbeitseinsätzen und Informationsveranstaltungen. Ebenso möchten wir dazu beitragen, einen Angehörigen- und BewohnerInnenbeirat aufzubauen.
Im Bereich des primären Netzwerkes fungieren Bezugspersonen, Familie/Angehörige, Freunde, Freundinnen, Bekannte, Nachbarn und Nachbarinnen und ehrenamtliche Helfer und Helferinnen.
Familienmitglieder und Angehörige besuchen die Betreuten, vereinbaren Ausflüge, Fahrten zu Geburtstagsfeiern und familiären Festen oder andersherum fahren die Betreuten auf Urlaub in ihre Heimat. Angehörige sind als vertraute Personen immens wichtig als feste Bezugspunkte im Leben eines jeden Menschen. Dieser Personenkreis wächst natürlich durch die inklusive Gemeinschaft der Menschen mit und ohne Hilfebedarf und deren Angehörigenkreis an.
Viele Angehörige unterstützen uns auch in der Vereinsarbeit, sie helfen ehrenamtlich bei Festen des Vereins oder bei Arbeitseinsätzen auf dem Hof mit. Sie begleiten uns bei Veranstaltungen wie dem Inklusionstag der Aktion Mensch am 5. Mai oder zu sportlichen und kulturellen Veranstaltungen, wie z.B. zum Schwimmen, zu Aufführungen unseres Zirkus‘ oder zu Konzerten. Angehörige sind Multiplikatoren und Verbreiterinnen, die die Ergebnisse unserer Arbeit nach außen hin einer weiteren Öffentlichkeit bekannt machen und dazu führen, dass sich unsere Wohn- und Lebensgemeinschaft etabliert.
Angehörige, Freunde, Freundinnen und Bekannte sind herzlich eingeladen, als Gäste auf dem Hof mitzuarbeiten, die ländliche Ruhe zu genießen und an gemeinsamen Mahlzeiten, Freizeitveranstaltungen wie dem Schwimmen in der Bever-Talsperre, Bootfahren mit Bezugspersonen oder abendlichem Grillen mit der Gemeinschaft teilzunehmen etc.
Im Bereich des sekundären Netzwerkes stehen Institutionen, Vereine, Arbeitsstätten, Dienstleistungssysteme, Geschäfte, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Kirchengemeinde u.ä.
Da wir selbst als Verein organisiert sind, besteht die Möglichkeit für alle Mitbewohner und Mitbewohnerinnen, Mitglied im Verein zu werden und an den regelmäßigen Vereinssitzungen teilzunehmen und im Sinne der selbstbestimmten Teilhabe diese mit ihren Wünschen mitzugestalten. Es ist jedoch keine Pflicht für Bewohner und Bewohnerinnen unserer Lebens- und Arbeitsgemeinschaft gleichzeitig auch Mitglied im Verein zu sein.
Vereinsmitglieder nehmen teil an regelmäßigen Vereinstreffen, sie übernehmen Dienste bei unseren Festen, verteilen Flyer, helfen ehrenamtlich aus und tragen unsere Arbeit nach außen hin in die Öffentlichkeit.
Wir bieten als Brücke zur Sozialraumorientierung unserer Klienten und Klientinnen Vermittlungshilfe und Unterstützung und Begleitung nach Bedarf, beim Aufsuchen öffentlicher Orte.
3. Unsere Netzwerke
Wir sind Mitglied in folgenden Verbänden und Vereinen:
– Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband (DPWV)
– Mittendrin e.V., Hückeswagen (aufgelöst im Sommer 2018) – Interessenvertretung für die Menschen mit Behinderung
– rade-integrativ e.V., Radevormwald
– alma e.V. – Verein zur Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung in der Landwirtschaft.
– Freundeskreis Camphill e.V. – Gemeinnütziger Verein zur Förderung behinderter Kinder, Jugendlicher und Erwachsener in Camphill-Einrichtungen
um einen lokalen als auch bundesweiten Austausch zu pflegen zu gemeinsamen Erfahrungen in der Behindertenarbeit und uns gegenseitig bei Veranstaltungen zu unterstützen.
Im Bereich des tertiären Netzwerkes stehen Ansprechpartner bei Behörden, Selbsthilfegruppen, Selbstvertretungsgruppen, Freiwilligenagenturen, externe Zuhörer und RatgeberInnen, TeilnehmerInnen des Bundesfreiwilligendienstes, Ehrenamtliche und Wwoofer u.ä.
Wir sind mit folgenden Ansprechpartnern in Kontakt:
– Kontakt-, Koordinierungs- und Beratungsstelle Lindlar (KoKoBe) und Kontakt-, Koordinierungs- und Beratungsstelle Burscheid (KoKoBe)
– Heimaufsicht des Oberbergischen Kreises
– Behindertenbeauftragte der Bundesregierung
– Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband
– Wohnwege Gummersbach – privater Anbieter der Behindertenhilfe
– dem Bürgermeister der Stadt Hückeswagen
– der Projektentwicklung
– Koordinierungsstelle des Bundesfreiwilligendienstes
– Besuchshelfer und -helferinnen über World Wide Opportunities on Organic Farms e.V. (WWOOF)
– Forschungsprogramm „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ (ExWoSt) des Bundes
– finanzielle Beratung und Unterstützung des Projektes durch die GLS-Bank
– Coaching und Supervison durch externen Psychologen
4. Zielgruppe und Einzugsgebiet
Das Angebot des Ambulant Betreuten Wohnens richtet sich an volljährige Frauen und Männer mit einer drohenden oder bereits vorhandenen wesentlichen Behinderung im Sinne des § 53 SGB XII. Zielgruppe sind Menschen mit sogenannten “geistigen“ Behinderungen. Dies schließt mit ein, dass Menschen mit “geistiger“ Behinderung auch möglicherweise zusätzlich zur „geistigen“ Behinderung noch psychische, autistische und körperliche Erkrankungen und Behinderungen haben.
Der Wunsch und/oder Bedarf nach ländlichem Wohnen sollte vorhanden sein.
Unser Einzugsgebiet ist der Oberbergische Kreis und der Rheinisch-Bergische Kreis, da Hückeswagen auf der Grenze zwischen beiden Kreisen liegt.
Wir werden mit unserem Ambulanten Betreuungsdienst unter Umständen auch Menschen in einem kleinen Umkreis rund um Wipperfürth/Hückeswagen betreuen.
Wichtiges Kriterium für den Beginn der Betreuung durch Lebendige Inklusion e.V. ist der Wunsch des Klienten und der Klientin, früher oder später in einer inklusiven Wohn- und Lebensgemeinschaft auf dem Land leben zu wollen und die Bereitschaft zur Annahme von Unterstützung durch unseren Dienst.
5. Grundlagen und Ziele des Leistungsangebotes für unsere Zielgruppe
Im Fokus unserer Arbeit mit den bei uns wohnenden Menschen mit Hilfebedarf steht die lebensweltbezogene Behindertenarbeit, wie sie auch schon unter Punkt 2. Leitbild unter Erschließung des Sozialraumes benannt wurde.
Diese Arbeit achtet das individuelle gesundheitliche, physische, psychische und soziale Wohlbefinden eines jeden Menschen, seine Selbstbestimmung, Wahl- und Entscheidungs- und Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich der eigenen Lebensumstände und sein Bedürfnis nach zwischenmenschlichen Beziehungen, nach materiellen Standards und seiner Verwirklichung von Wünschen, Träumen und Lebenszielen.
Das Prinzip der selbstbestimmten Teilhabe und Selbst-Ermächtigung (Empowerment)
Mit unserer Arbeit verfolgen wir die sogenannte Bottom-up-Praxis (von unten nach oben): Sie nimmt die Menschen mit ihren Bedürfnissen und Vorstellungen in ihrer Lebenswelt ernst und rückt diese in den Mittelpunkt und auf Augenhöhe.
Jeder Mensch mit Hilfebedarf ist Experte und Expertin in eigener Sache. Nur wenn wir die Art kennen, wie der einzelne Mensch seine Welt sieht, sind wir in der Lage, diese konkreten Menschen in ihrer Eigenart und in ihrem Verhalten zu verstehen und dementsprechend nach ihren Bedürfnissen mit ihnen zu arbeiten.
Das Zusammenleben und -arbeiten soll also nicht mit einer heilpädagogischen Bevormundung einhergehen, sondern soll im Sinne der Selbst-Ermächtigung (Empowerment) die Selbst-Aktivierung der Menschen zur Gestaltung ihrer eigenen Lebenswelt für ein sinnerfülltes Leben sowie eine fördernde und beratende Assistenz beinhalten.
Da dies bei Menschen mit einer schweren „geistigen“ Behinderung auf Grenzen stößt, da sie sich nicht selbst-mächtig (empowered persons) vertreten und öffentlich artikulieren können, bedarf es der Unterstützung des gesetzlichen Betreuers/der gesetzlichen Betreuerin und der Assistenz der Bezugspersonen, die in Form eines runden Tisches im Team das Zusammenleben im Sinne dieses Menschen entwickeln.
Der Alltag auf dem Hof wird durch regelmäßige Tätigkeiten rhythmisiert und flexibel angepasst an die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Einzelnen, gepaart mit persönlichen Vorlieben als Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten der Selbstgestaltung. Diese Rhythmisierung erzeugt Stabilität, Verlässlichkeit, Sicherheit, Vertrautheit bei gleichzeitiger Durchlässigkeit und Flexibilität.
Wir bieten neben der passiven Daseinsfürsorge aktive Aneignungsmöglichkeiten und sinnstiftende, persönlichkeitsbildene und identitätsstiftende Handlungsmöglichkeiten abgestimmt auf die individuellen und kommunikativen Interessen, Bedürfnisse und Fähigkeiten der Einzelnen an.
Sinnstiftende und gleichzeitig auch therapeutisch das Wohlbefinden fördernde Tätigkeiten sind dabei die von uns begleitete Mithilfe bei Arbeiten im Haus und auf dem Hof, bei der Tierpflege und -fütterung, der gärtnerischen Bearbeitung der Böden, der Ernte, Hauspflege, Gestaltung und Pflege des eigenen Zuhauses sowie Haushaltung.
Gleichzeitig besteht auf Wunsch auch die Arbeits-/Beschäftigungsmöglichkeit an einer externen Stätte, wie z.B. einer WfbM. Zudem streben wir eine Kooperation mit der Lebenshilfe WfbM an, um später auf unserem Hof als Grüne Werkstatt für zu fungieren.
Bei Menschen mit schweren komplexen Behinderungen lassen sich die Handlungsmöglichkeiten durch basale Angebote bei uns auf dem Hof herstellen: z.B. Creme-, Fuß-, Klangmassagen, Fühl- , Tast- und Riechgarten, tiergestützte Therapie und Tiere streicheln, Barfußgehen, gemeinsames Singen, Musizieren und empathisch-dialogische Begegnungen.
Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Ressourcenorientierung.
Wir arbeiten mit Personzentrierter Planung, Werkzeugen des Ressourcenassessment und dem Individuellen Hilfeplan-3 (IHP-3) des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), um individuelle und soziale Ressourcen zu erschließen, um von hier aus assistierende, schützende, Halt gebende und entwicklungsfördernde Angebote in den Blick zu nehmen. Sie werden im Folgenden näher erläutert.
Hinzu kommt die Arbeit mit und die Nutzung der unter Punkt 2. und 3. genannten verschiedenen Unterstützungsnetzwerke.
Personzentrierte Planung ist bestimmt von einer positiven Haltung den anderen gegenüber. Nicht mehr alleinig die professionellen Fachkräfte legen Förder- oder Lernziele für Menschen mit Behinderung fest und was aus der Person „gemacht“ werden soll. Statt der Definition des Klienten und der Klientin über das Merkmal Behinderungen oder dem Fokus auf negative Verhaltensweisen steht der Fokus auf der Herstellung und Förderung der Lebensqualität und die Einübung neuer Rollen und Verhaltensweisen. Der Mensch mit Behinderung ist an der Planung und der Beurteilung seiner Unterstützung beteiligt.
Personzentrierte Planungen erfordern eine Zusammenarbeit von Bezugspersonen im Team und Unterstützungssysteme für die das Prinzip des Runden Tisches bzw. der UnterstützerInnenkonferenzen gilt.
Ein gleichberechtigtes, kollaboratives Miteinander zur Unterstützung der behinderten Person ist wichtig unter zu Hilfenahme eines begleitenden Moderatoren oder einer Moderatorin für die Wahrung der gegenseitiger Achtung. Bei Menschen mit schweren komplexen Behinderungen, die nicht für sich selbst sprechen können ist die Unterstützung und Fürsprache der Bezugspersonen und des gesetzlichen Betreuers/gesetzlichen Betreuerin notwendig.
Des Weiteren bietet der Individuelle Hilfeplan-3 (IHP-3) des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) für uns ein wichtiges methodisches Instrument mit Wertschätzung für den Klienten und die Klientin. Der Individuelle Hilfeplan dient der Ermittlung von Zielen und dem Bedarf an Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderung.
Die Handlungsziele werden gemeinsam mit dem Klienten und der Klientin vereinbart und die persönliche Zukunftsplanung liegt auf der Fokussierung von Bedürfnissen und Wünschen der Person.
Der Individuelle Hilfeplan (IHP-3) greift dabei Themenbereiche wie Haushaltsführung, Wohnen, Recht/Finanzen, das psychische Wohl, psychiatrische Probleme, körperliches Wohl, Gesundheit, soziale Beziehungen, Orientierung und Mobilität im Haus, außerhalb des Hauses, Bildung, Arbeit/Beschäftigung, Freizeit etc. auf.
Zudem besteht zur Wahrung der Interessen des Menschen mit Hilfebedarf die Möglichkeit der Hilfeplankonferenz mit Vertretern und Vertreterinnen des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), dem örtlichem Sozial- und Gesundheitsamt, den ambulanten und stationären Leistungsanbietern sowie die zuständiger Koordinierungs-, Kontakt- und Beratungsstellen für Menschen mit Hilfebedarf (KoKoBe).
Die Prinzipien der Personzentrierten Planung gelten auch auf uns als Mitarbeiterteam. Es gibt für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einen personzentrierten und strukturierten Arbeitsplan und zeitlich strukturierten Tagesplan für alltägliche Tätigkeiten im Haushalt, die notwendig sind und für Aktivitäten, die betroffene Personen gerne täglich ausführen möchten.
Bei der Erstellung eines täglichen allgemeinen und individualisierten Tätigkeits- und Aktivitätsplans ist es wichtig, dass dieser so flexibel sein sollte, dass persönliche Wünsche der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen als auch Klienten und Klientinnen berücksichtigt werden können.
Aus den Plänen geht hervor, welche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für den jeweiligen Tag die festgelegten Tätigkeiten mit den einzelnen Personen ausführen. Dies erfordert regelmäßige Teamsitzungen beziehungsweise Unterstützerkonferenzen mit den Bezugspersonen, dem gesetzlichen Betreuer und der gesetzlichen Betreuerin sowie Angehörigen und eine gut abgestimmte Teamarbeit.
Des Weiteren führen wir schriftlich personenbezogene, zeitlich strukturierte Wochen- und Dokumentationspläne, auf denen die einzelnen Aktivitäten aufgelistet sind sowie die Dokumentation der individualisierten Unterstützungshilfen und die darauf in regelmäßigen zeitlichen Abständen folgende Evaluation, Auswertung und Reflexion der Dokumentationen.
6. Ambulant Betreutes Wohnen
Unser Ambulant Betreutes Wohnen ist ein Dienst, der von Mitgliedern der Gemeinschaft angeboten wird. Er soll das Wohnen im eigenen Wohnraum innerhalb einer Wohn- und Lebensgemeinschaft ermöglichen, um möglichst langfristig eine stationäre Unterbringung zu vermeiden. Die Folgen der bestehenden Behinderung sollen beseitigt oder abgemildert bzw. eine Verstärkung der Behinderung soll verhindert werden. Dieser Dienst kann auch extern angeboten werden in einem Umkreis von ca. 20km rund um Hückeswagen
Das von uns angebotene Ambulant Betreute Wohnen nach § 53, 54 SGB XII umfasst überwiegend Hilfeleistungen in Form von Betreuung, Beratung und Begleitung. Als Grundlage für die Hilfeleistungen dient der individuelle Hilfeplan (IHP3). (Siehe auch unter Punkt 5.)
Die Anwesenheit von Bezugspersonen und Ansprechpartnern und – partnerinnen rund um die Uhr als ständig bestehende zusätzliche Rufbereitschaft ist ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber den meisten ambulanten Betreuungsangeboten in Wohngemeinschaften von Menschen mit Behinderungen.
Die Dauer des bedarfsentsprechenden Ambulant Betreuten Wohnens nach § 53, 54 SGB XII ist grundsätzlich nicht beschränkt. Sie orientiert sich an den Erfordernissen des Einzelfalls. Die Weiterführung der Hilfe muss jedoch regelmäßig, meist einmal jährlich, beim Kostenträger Landschaftsverband Rheinland beantragt und von diesem bewilligt werden.
Im Betreuungsvertrag werden Kündigungsfristen und Modalitäten geregelt. Das Wohnen in der Gemeinschaft ist nicht an die Betreuungsangebote der Gemeinschaft gebunden.
Die Vergütung der Betreuungsleistungen nach § 53, 54 SGB XII erfolgt über die Abrechnung von Fachleistungsstunden, die im Rahmen der individuellen Hilfeplanung für den jeweiligen Klienten durch den Landschaftsverband Rheinland bewilligt werden.
Grundsätzlich können Klienten und Klientinnen mit eigenem Einkommen oder Vermögen zur Eigenbeteiligung an den Kosten der Betreuungsleistungen seitens des Landschaftsverbands Rheinland herangezogen werden. Dies erfolgt auf der Grundlage der §§ 85 ff SGB XII.
Die Betreuung erfolgt über unseren eigenen Ambulanten Betreuungsdienst.
7. Krisenbewältigung und Qualitätsmanagement
7.1 Intern als Team nehmen wir seit 2012 regelmäßig die systemisch, lösungsorientierten Supervisionen eines externen Psychologen in Anspruch. Des Weiteren erhalten wir ein abrufbares Unterstützungsangebot zur Klärung und Mediation zwischenmenschlicher Konflikte bei einer externen Pädagogin.
Für uns als Mitarbeiter nutzen wir die Angebote zu Aus- und Fortbildungen des DPWV, insbesondere auch zur Krisenbewältigung in Bezug auf Angehörige, Klienten und Mitarbeiter intern im Team.
7.2 Das Prinzip der Selbst-Ermächtigung (Empowerment) erfährt natürlich da eine Begrenzung, wo Klienten und Klientinnen in Gefahr stehen, sich selbst in erheblichem Maße zu schädigen oder die Rechte anderer Personen zu verletzen. Um Menschen von schwerer Selbst- und Fremdgefährdung abzuhalten, gibt es vom unserer Seite aus intervenierende Assistenz, um gemeinsame Handlungsalternativen zur Problemlösung zu erarbeiten und zu nutzen.
In der Arbeit mit Menschen mit Hilfebedarf gibt es bei auftretenden Konflikten die Runden Tische und UnterstützerInnenkonferenzen mit der betroffenen Person selbst, der Fürsprache seiner Bezugspersonen, der Angehörigen, des gesetzlichen Betreuers und der gesetzlichen Betreuerin und dem Team, um – abweichend von einer bevormundenen Haltung – gemeinsam die Entwicklung neuer Wahrnehmungs- und Handlungsalternativen zu erörtern für eine als unbefriedigend erlebte Situation.
Dies erfolgt in einem Gespräch und Prozess des gemeinsamen Beratens, indem zur Entdeckung eigener Antworten und Problemlösungswege der betroffenen Person angestiftet wird.
Unser Supervisor bietet bei Bedarf auch einzelfallbezogene Supervisionen für Klienten und Klientinnen an.
Die Klienten und Klientinnen wählen zudem den BewohnerInnenbeirat, der in ihrem Sinne ihre Interessen wahrt und nach außen hin an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vertritt.
7.3 In der Angehörigenarbeit nutzen wir bei Konflikten externe Beratungsangebote der lokalen KoKoBe Oberberg, der KoKoBe Rheinisch Bergischer Kreis, des DPWV (Der Paritätische Wohlfahrtsverband) sowie das Angebot eines externen Psychologen und Mediators. Auch Angehörige können sich unabhängig von uns an Beratungsstellen der Kontakt-, Koordinierungs- und Beratungsstellen (KoKoBe) und des DPWV wenden.
Angehörige nutzen den Angehörigenbeirat, um ihre Interessen gewahrt zu wissen.
Wir haben zudem einen Ablaufplan erarbeitet, der Standards im Umgang mit Krisen enthält, wie z.B. bei Tod, Unfällen, Trennungen, Krankheiten etc. der Klienten und Klientinnen, der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen oder Angehörigen umzugehen ist.
Um die Qualität unserer Leistungen sicherzustellen und zu verbessern, bauen wir ein Qualitätssicherungssystems aus, orientiert an §16 des Rahmenvertrages nach §79 SGB XII.
Folgende Maßnahmen der Qualitätssicherung gehören zum Standard:
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Einsatz von Fachkräften und geschulten Hilfskräften
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Regelmäßige Fall- und Dienstbesprechungen mit allen Beteiligten
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Regelmäßige Teamsupervision
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Regelmäßige kollegiale Beratung durch qualifizierte Qualitätsmanagementbeauftragte
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Fortschreibung der Konzeption
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Orientierung der Arbeit an vereinbarten Zielen, regelmäßige Zielüberprüfung
8. Das Betreuungsteam
Im Gründungsteam des Vereins werden alle wichtigen Anforderungen zur Leitung eines Ambulanten Betreuungsdienstes abgedeckt: von den pädagogisch-fachlichen Kompetenzen über Buchhaltung und Controlling bis hin zur Unternehmensführung (zu den einzelnen Qualifikationen s. Anlagen). Wir suchen weitere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit fachlichen Qualifikationen, die im Sinne des Gemeinschaftsgedankens in der Hofgemeinschaft leben und arbeiten.
Michael Exner – seit Juli 2015 Geschäftsführung und Verantwortlicher im Bereich Betreuung des ambulanten Betreuungsdienstes bei Lebendige Inklusion e.V., Heilerziehungspfleger, Sozial- und Kunsttherapeut, Gruppenleiter WfBM, 10 Jahre Pionier- und Aufbauarbeit einer Lebens- und Arbeitsgemeinschaft für psychisch erkrankte Menschen in Portugal in verantwortlicher und leitender Position, Qualitätsmoderator GAB – Verfahren
Beate Müllers – Geschäftsführung und Verantwortliche im Bereich Pflege des ambulanten Betreuungsdienstes bei Lebendige Inklusion e.V., Pflegefachkraft, langjährige Erfahrungen mit Gemeinschaftsleben, Biogärtnerei & Permakultur, Tierhaltung sowie Gestaltung und Modedesign
Britta Stelzer – Industriekauffrau, Dipl. Sportlehrerin (Reha- und Behindertensport), staatlich geprüfte Motopädin, langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, und Erwachsenen
„Prof. Ras Meier“ – Musiker, Kaufmann, langjähriger verantwortlicher Leiter eines Selbstversorgerhauses für Feriengruppen aus psychiatrischen Einrichtungen
und weitere MitarbeiterInnen (folgt in Kürze).
Der ambulante Betreuungsdienst „Wohnwege“ wird weiterhin als Kooperationspartner zur Verfügung stehen.
9. Unsere Leistungsangebote in Stichworten:
→ Alltag
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Lebenspraktische Beratung (Anleitung und Unterstützung bei der Haushaltsführung, Einkaufstraining)
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Erarbeitung einer Tagesstruktur
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Anbindung an Freizeitangebote
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Förderung der Entwicklung von Freizeitverhalten
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Förderung der Entspannungsfähigkeit
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Krisenintervention
→ Soziale Kompetenzen
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Förderung der Selbständigkeit und Unabhängigkeit von Betreuung
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Förderung der sozialen Kontakte und Bindungen (Familie, Freunde, Freundinnen, Alltagskontakte)
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Unterstützung beim Erlernen von Konfliktlösungsstrategien
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Unterstützung beim Umgang mit Frustration
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Teilnahme an Gruppenangeboten
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Förderung des Abbaus von Ängsten in Gruppensituationen
→ Wohnen
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Sicherung von laufenden Mietzahlungen und sonstigen Kosten
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Unterstützung bei der Organisation des eigenen Wohnraums
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Organisation von Umzug und Renovierung
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Entgegenwirken von Verwahrlosungstendenzen
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Kontaktaufnahme zu Vermietern/Vermieterinnen, Mitbewohnern/Mitbewohnerinnen oder Nachbarn und Nachbarinnen in Konfliktsituationen
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Einschalten von anderen Diensten, z.B. Haushaltshilfe
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Organisation weiterführender Hilfen, z.B. im Bereich Hausreinigung
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Förderung des Bewusstseins für Wohnqualität
→ Gesundheit
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Motivation zur Auseinandersetzung mit Erkrankungen
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Erlernen von Stressbewältigungsstrategien
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Unterstützung und Begleitung bei notwendiger Behandlung
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Förderung von gesundheitsbewusstem Verhalten
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Erarbeitung einer Strategie zur Krankheitsprophylaxe
→ Krisenintervention
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Individuelle Lösungen werden situationsgerecht gemeinsam entwickelt
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Angebote der individuellen Einzelfallbetreuung
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Urlaubsreisen
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Anmieten von Ausweichwohnungen
→ Arbeit
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Motivation zur Auseinandersetzung mit schulischer oder beruflicher Ausbildung
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Motivation zur Aufnahme einer beruflichen oder anderen sinnstiftenden Tätigkeit, auch ohne ausschließlich wirtschaftlichen Beweggründen
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Erarbeitung von beruflichen Perspektiven
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Begleitung zu Berufsinformationszentren, Beratungsgesprächen
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Unterstützung bei Gesprächen mit Arbeitsberatern und Arbeitsberaterinnen und Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen (Agentur für Arbeit, Job Center, Job Börse, Maßnahmeträger/Maßnahmeträgerinnen, Behindertenwerkstätten)
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Kooperation mit potentiellen Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen
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Hilfe bei der Erstellung von Bewerbungen
→ Finanzielle Sicherung
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Unterstützung bei der Sicherung von Ansprüchen gegenüber Agentur für Arbeit, Job Center, Job Börse, Sozialämtern etc.
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Finanzkompetenztraining (Erlernen des Umgangs mit Geld, Finanzplanung, wirtschaftliche Haushaltsführung)
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Hilfestellung bei Anträgen und Formularen
→ Schuldnerberatung
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Sichtung der Schulden
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Einleitung einer Schuldenregulierung mittels Ratenzahlungen etc.
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Existenzsicherung durch Stundungsgesuche
→ Unterstützung in Finanzangelegenheiten
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Finanzplanung, Sichtung aller Einnahmen und Fixkosten
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Sicherstellung von Zahlungsverpflichtungen
Neben diesen direkten Betreuungsleistungen werden von uns die folgenden mittelbaren und indirekten Leistungen erbracht:
→ Mittelbare Leistungen:
klientenbezogene Tätigkeiten:
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Koordination und Organisation der Hilfeplanung in Form von Fall-Management
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Telefonate und Schriftverkehr für den Klienten und die Klientin
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Gespräche mit Angehörigen, dem sozialen Umfeld des Klienten und der Klientin
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Einzelfalldokumentation
klientenübergreifende Tätigkeiten:
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Fallbesprechung
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Kollegiale Beratung, Supervision
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Teilnahme an Facharbeitskreisen
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Fortbildung
→ Indirekte Leistungen:
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Leitung, Organisation der Arbeitsabläufe im Betreuungsnetzwerk
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Verwaltungstätigkeiten
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Bearbeitung von Anfragen
-
Qualitätssicherung
-
Öffentlichkeitsarbeit